Montag, 9. Juli 2012

Pro und Contra Bankenunion – Vieles spricht dagegen

Es will schon etwas heißen, wenn selbst ein Experte wie Sparkassenpräsident Georg Fahrenschon sich gegen die tiefere Integration Europas ausspricht und die Bankenunion als eine falsch verstandene Solidarität ansieht. Erst auf dem im Juni in Mannheim stattgefundenen Sparkassentag sprach Fahrenschon von einer gigantischen Umverteilungsmaschinerie die deutsche Kleinsparer arm machen wird. Als einen Angriff auf die deutschen Sparer sehen auch viele Andere die geplanten Maßnahmen zur Banken- und Fiskalunion. Die deutschen Sparkassen haben allen Grund skeptisch zu sein, schließlich verwalten sie mit 48 % der Guthaben deutscher Sparer und Unternehmen einen nicht unerheblichen Teil unseres Vermögens.

Was uns die Politik als Bankenunion verkaufen will, ist leider nicht nur eine europäische Aufsichtsbehörde sondern auch eine Vergemeinschaftung aller bei Banken liegenden Risiken. Vor allem die Sicherungseinlagen, die unser Spargeld schützen, sollen dann auch zum Schutz der Ersparnisse in anderen EU-Ländern dienen. Damit wäre unser Spargeld „Freiwild“, die Sicherheit nur noch ein ausgehöhltes Gebäude voller schöner Phrasen. Im Extremfall könnten sich ganze Sparguthaben in Luft auflösen wenn beispielsweise Banken mit zu hohen Schulden von der EU abgewickelt also aufgelöst würden.

Noch weigert sich unsere Kanzlerin unsere Sparguthaben zum Wohle eines Vereinigten Europas zu opfern doch der Druck der stark verschuldeten EU-Länder nimmt kontinuierlich zu. Auch die marode Bankenwirtschaft, deren Schulden oftmals die Staatsschulden dramatisch übersteigen, sieht ihr Heil in einer europäischen Bankenunion. Auf dem jüngst stattgefundenen EU-Gipfel musste Angela Merkel unter dem Druck der EZB bereits weitreichende Zugeständnisse machen, auch wenn sie diese an bestimmte Vorgaben gekoppelt hat.

Langfristig bedeutet die Bankenunion nichts anderes als die Sicherungseinlagen zu europäisieren. Was für viele Länder der EU gilt, nämlich, dass ihre Einlagen unter europäischer Aufsicht sicherer werden, das gilt leider nicht für Deutschland. Da eine Reihe von Geldhäusern in Südeuropa in Schieflage geraten sind könnte eine gemeinsame Haftung dazu führen, dass deutsche Banken ihre Sicherungseinlagen für die Rettung der Sparguthaben ausländischer Sparer aufzehren müssten. Für eine eventuelle Rettung unserer Sparguthaben wären die Kassen dann leider leer.

Die Aussagen der Ökonomen zu diesem Thema sind gewohnt widersprüchlich, was angesichts der vielen Lobbygruppen in unserem Lande nichts Besonderes ist. Meinungsbildner werden zu solchen aufgebaut und ihre Studien fallen exakt so aus wie der Finanzier es fordert. Nicht umsonst werden viele Meinungsbildner als Maulhuren bezeichnet, die vor dem Hintergrund einer exzellenten Expertise manipulierte als rein wissenschaftliche Fakten verkaufen.

Aber einige Ökonomen haben die schleichende Gefahr auch erkannt und lassen sich nicht für ihre Meinung bezahlen. Erst vor einigen Tagen haben 160 deutsche Wirtschaftswissenschaftler renommierter Institutionen sich gegen die Bankenunion ausgesprochen. Die Portale im Internet sind voll davon und je nach politischer Gesinnung fallen die Kommentare dazu anders aus. Doch werfen wir einen unverstellten Blick aus Sicht des kleinen Bürgers auf dieses Szenario. Während das große Geld schon lange das Land und die Währung verlassen hat, ist es doch primär das Geld der kleinen Sparer, das möglicherweise für den Zockerverein der Banker geopfert werden soll. Hans Werner Sinn, Chef des Ifo-Instituts hat Recht mit seiner Warnung. Zumindest sollten die Bürger Deutschlands eine ungeschönte Aufklärung über alle Chancen und Risiken einer solchen Banken- und Fiskalunion erhalten. Bereits die Staatsschulden in den Euroländern sind immens, doch die Bankenschulden übersteigen diese um ein Vielfaches, das muss uns bewusst sein und wir müssen wissen auf was wir uns da einlassen.

Wollen wir tatsächlich für die riskanten Geschäfte ausländischer Banken aufkommen, haben wir nicht schon genug mit unseren eigenen Zockervereinen. Wollen wir wirklich die Spareinlagen europäischer Sparer mit unseren Sicherungsfonds absichern. Wir sollten dies nur dann in Erwägung ziehen, wenn die EU wirklich eine scharfe Aufsichtsbehörde ins Leben ruft. Nur mit rigiden Maßnahmen für Finanzgeschäfte und einer umfassenden Überwachung zu deren Einhaltung, sollten wir über eine Bankenunion nachdenken.

Um solche Verwerfungen wie aktuell am Finanzmarkt zu verhindern sind weitreichende Änderungen nötig die Banken spekulative Geschäfte die zur Neuschöpfung von Geld beitragen verbieten. Die Gelderschaffung aus dem Nichts muss gestoppt werden, anderenfalls reißen und die Schulden in den Abgrund. Doch die Wahrscheinlichkeit, dass die mächtige Finanzwirtschaft solche Beschränkungen auch nur ansatzweise zulassen würde ist mehr als gering. Erinnern wir uns doch kurz an die vollmundigen Versprechen nach der Lehmann-Pleite. Handschellen wollten die Politiker den Zockervereinen anlegen. Spekulative Geschäfte sollten ein für allemal der Vergangenheit angehören und Bürger vor Investments eine seriöse und umfassende Beratung erhalten.

Ein Blick auf die aktuelle Situation ist nicht nur traurig sondern zeigt auch die Ignoranz dieser verlogenen Gesellschaft, der es einzig und alleine um Rendite und Wachstum geht. Egal wer dabei unter die Räder kommt, Hauptsache die Wirtschaft wächst und die Auftragsbücher sind voll. Wenn interessieren dabei schon die vielen Teilzeitarbeiter, Leiharbeitskräfte und Scheinselbständigen, die sich mit Minieinkünften von Monat zu Monat hangeln. Aber sozial ist ja was Arbeit schafft! Keine einzige Maßnahme gegen das Zocken wurde nach der Lehmann-Pleite umgesetzt. Banken wurden weder reguliert noch verschonen sie Kleinanleger vor riskanten Investitionen.

Die gefährliche Zockerei mit Rohstoffen und vor allem mit Agrargütern geht munter weiter und macht unsere Lebensmittel zunehmend teurer. Dass wir dies noch nicht spüren, liegt daran, dass die Lebensmittelmatrix die Rohstoffe durch minderwertige Produkte ersetzt, uns also im wahrsten Sinne des Wortes „Schrott“ verkauft. Doch was schert uns dies, solange die Preise stabil bleiben, lassen wir uns von Farb- und Aromastoffen gerne täuschen. Und was interessieren und die Hungernden in Afrika und Asien, solange unsere Regale voll sind, gar nichts.

Doch wir sollten uns nicht so sicher sein, ein Blick in die USA, die uns in Vielerlei voraus sind, zeigt uns unsere nahe Zukunft. Wenn wir nicht endlich Gier und Habgier unter Kontrolle bekommen, werden auch wir bald in Zeltstädten hausen. Globalisierung macht nur die Reichen reicher, während der Mittelstand langsam ausblutet. Die EU beschleunigt diesen Vorgang noch, denn sie verteilt das Geld der Mittelschicht um zu den Banken, die damit ihre Spekulationsverluste tilgen. Ich kann nichts Gerechtes dabei erkennen, wenn die sauer ersparten Groschen unserer Mitbürger für Schulden europäischer Banken herhalten sollen, die ohne einen einzigen Gedanken an die Risiken Milliardenbeträge in spekulative Geschäfte stecken.

Werfen wir einen Blick auf die weltweite Situation. Pro Jahr werden Dienstleistungen und Güter im Wert von 56 Billionen (das sind 12 Nullen hinter der sechs) produziert, Devisenhändler bewegen dagegen unfassbare 810 Billionen Euro und die Derivatemärkte setzen etwa 560 Billionen USD jährlich um. Erst Mitte der 1980er Jahre geriet das Verhältnis zwischen Realwirtschaft und Finanzmarkt aus den Fugen, Geld ohne irgendwelche Deckung wurde aus dem Nichts erschaffen. Wollen wir wirklich eine Bankenunion, dann müssen wir zurück vor die Zeit der Kapitalmarkt-Deregulierung, als die Banken noch der Wirtschaft dienten. Vor 20 Jahren steckten rund 10% der gesamten Wertschöpfung der Wirtschaft in spekulativen Finanzprodukten (1,5 Billionen von 15 Billionen Euro). Heute hat sich die gesamte Wertschöpfung der Wirtschaft auf 50 Billionen Euro erhöht, die spekulative Finanzwirtschaft stieg dagegen auf unglaubliche 500 Billionen Euro (Stand: 2010). Während sich die Realwirtschaft also in etwa verdreifacht hat, stiegen die spekulativen Gelder um das Dreihundertfache. Das dies nicht mehr lange gut gehen kann das sollte sogar dem Dümmsten klar sein.

Wir können etwas an dieser prekären Situation ändern, wenn wir das wirklich wollen, dann macht eine Bankenunion und ein Vereinigtes Europa Sinn. Die Frage ist nur, ob wir das auch alle wollen. Sind wir dazu bereit, unserem unendlichen Wachstum, unserer unheimlichen Geldvermehrung abzuschwören und unsere Welt für Alle lebenswerter zu machen. 800 Jahre Geschichte zeigen etwas anderes, es ist nicht möglich den Finanzsystemen Daumenschrauben anzulegen. Und sind wir doch einmal ehrlich, die wahren Herrscher sind die globalen Finanzsysteme, Politiker hatten bisher leider nur Überbringerfunktion. Egal ob mit oder ohne Bankenunion, die Finanzindustrie wird sich ihre Regeln auch weiterhin selbst machen und sich nicht vorschreiben lassen welche Geschäfte sie zu tun oder zu lassen hat.

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